Juristenpraxis in Advokatenkanzlei und bei Gericht

Seine letzte Prüfung an der Universität legte Franz Kafka am 13. Juni ab, zum Doctor juris wurde er am 18. Juni 1906 promoviert. Bereits vor seinem Studienabschluss trat er am 1. April 1906 eine Stelle als Hilfskraft (Konzipient) in der Kanzlei des Prager Advokaten Richard Löwy am Altstädter Ring an.

So wie er sein Studium in Mindestzeit hinter sich gebracht hatte, suchte er, gewiss aus Rücksicht auf die Eltern, auch später keine Zeit zu verlieren. Die Berufswahl war für ihn besonders beschwerlich. Hier spielten die väterlichen Vorstellungen von einer gesellschaftlichen Stellung hinein, der Widerwille gegen eine selbständige Juristenpraxis (d. h. eine Advokaten- oder Anwaltstätigkeit), den der dreimonatige Aufenthalt in der Kanzlei noch bestärkte, die nicht gerade brillanten Studienergebnisse und vor allem sein Traum von einer guten Anstellung irgendwo in der Fremde, für den sich im Familienkreis einige Vorbilder und Anregungen fanden. Bis zur endgültigen Entscheidung hatte er noch ein ganzes Jahr Zeit, denn ein Praxisjahr bei Gericht stand ihm noch bevor.
Sein Praxisjahr bei Gericht, Pflicht für alle Juristen, die in den Staatsdienst treten wollten, brachte Kafka vom 1. Oktober 1906 bis zum 30. September 1907 hinter sich. Das erste Halbjahr verbrachte er beim Landeszivilgericht auf dem Obstmarkt, das zweite beim Strafgericht auf dem Karlsplatz. Die Gerichtspraxis hat ihm kaum etwas gegeben, er hielt sie schlicht für vergeudete Zeit. Auch ansonsten hat er in jenem Jahr nichts Bemerkenswertes vollbracht.