Franz Kafkas Großvater väterlicherseits
war Schächter, d.h. Fleischer oder Schlächter nach jüdischem Ritus, in Osek bei Písek. Er war ein Mann von hünenhaftem Wuchs und erstaunlichen Körperkräften, dessen physische Veranlagung sich auf seine Kinder, einschliesslich Hermann Kafka vererbt hatte. Heiraten durfte er erst nach Aufhebung des sog. Familiantengesetzes 1848, mit dem die österreichischen Gesetzgeber die Zahl der jüdischen Familien im Land reguliert hatten, so dass Hermanns ältere Geschwister Filip und Anna de iure als uneheliche Kinder zur Welt gekommen waren. Die Mutter war Franziska Platowski, eine Frau aus dem Nachbarhaus.
Franz Kafkas Großmutter väterlicherseits
war eine gutherzige und allgemein wegen ihrer Heilkenntnisse beliebte Frau. Sie lebte mit ihrem Mann und den sechs Kindern Filip, Anna, Heinrich, Hermann, Julie und Ludwig in bitterarmen Verhältnissen.
Franz Kafkas Großvater mütterlicherseits
stammte aus Humpolec, handelte mit Tuch und verzog nach Poděbrady, wo er heiratete. Er ehelichte eine Tochter der dortigen wohlhabenden Familie Porias, die ebenfalls eine Textilhandlung führte, und daneben noch eine Brauerei erwarb. In den siebziger Jahren siedelte Jakob Löwy mit seiner Familie nach Prag über, tauschte wie so viele Juden die Unsicherheit auf dem Land gegen die emanzipierte Metropole ein und führte dort einen Hopfenhandel.
Franz Kafkas Großmutter mütterlicherseits
Franz Kafka fühlte das Erbe des Löwy-Geschlechts auf sich lasten. Neben unternehmungslustigen Männern mit Neigung zu Abenteuern kamen darin auch fromme Gelehrte, Einzelgänger und scheue Wunderlinge vor. Aus der Ehe zwischen Esther Porias und Jakob Löwy gingen vier Kinder hervor, Alfred, Julie, Richard und Josef Löwy. Esther verstarb in noch jungem Alter unter verdächtigen Umständen, die möglicherweise den Tod ihrer Mutter zur Folge hatten; Jakob Löwy ging nach sehr kurzer Zeit seine zweite Ehe mit Julie Heller ein; aus dieser Ehe erwuchsen Kafkas Mutter zwei weitere Geschwister, Rudolf und Siegfried Löwy, Kafkas Onkel.