Franz Werfel

1890 – 1945

© Památník národního písemnictví, Praha
Dichter, Prosaautor, Dramatiker und Essayist, Oberhaupt einer um 1890 geborenen Literatengruppe, ein paar Jahre jünger als die Altersgenossen von Brod und Kafka. In Kafkas Leben trat er um 1908 als blutjunger, geradezu neidvoll bewunderter Dichter, dessen Stern jäh im Steigen begriffen war und der alles ringsum in den Schatten stellte. Der Sohn einer reichen Familie aus der Gesellschaft des „Stadtparks“, die im Raum zwischen Wenzelsplatz, Graben und der heuten Strasse Na poříčí angesiedelt war, wurde nach einer miserablen Gymnasialzeit mit einem Schlag als Dichter und Oberhaupt eines Zirkels berühmt, der ab 1911 zu Diskussionen, Lesungen und Vergnügen im Kaffeehaus Arco an der Ecke Hyberner- und Pflastergasse zusammenkam. Hierzu gehörten unter anderen der Publizist Willy Haas, die Dichter Hans und Franz Janowitz, der Übersetzer und Schriftsteller Otto Pick, der „Literat ohne Werk“, von allen anerkannte „Kenner“ und spätere erste Ehemann von Milena Jesenská Ernst Pollak, nach Werfels Weggang nach Deutschland führender Kopf in dieser Gesellschaft, der Schauspieler Ernst Deutsch und der Übersetzer Rudolf Fuchs. Max Brod und Franz Kafka kamen auch in unregelmäßigen Abständen ins Arco. Von den Tschechen besuchten der Schriftsteller František Langer sowie der Publizist und Übersetzer Alfred Fuchs ebenfalls diesen Zirkel. Kafka nahm in den Jahren 1912-1913 mit geradezu neiderfüllter Bewunderung an Werfels Rezitationen teil (der seine Gedichte auswendig vorzutragen pflegte) und nannte ihn bewundernd ein „Ungeheuer“. Er selbst las schließlich in Werfels Wohnung aus seinem Romanmanuskript „Der Verschollene“ und nahm Werfel später gegen Milenas Vorwürfe in Schutz. Werfel, der in den Anfangsjahren skeptisch durchblicken ließ, dass Kafkas Werk ein Stück hinter Tetschen, d.h. ab der deutschen Grenze, unverständlich bleiben müsse, schätzte später Kafkas Werke hoch und setzte sich für ihre Herausgabe beim Verlag Kurt Wolff ein. Er besuchte Kafka auf dem Sterbebett in Kierling und brachte ihm seinen soeben erschienenen Verdi-Roman mit. Das war das letzte Buch, das Kafka in Händen hielt.