Hedwig Weiler

1888 – 1953

Wiener Gymnasiastin, Kafkas Ferienliebe in Triesch, stammte aus Leopoldstadt, der Hochburg der Wiener Sozialdemokratie, die wegen ihrer überwiegend jüdischen Einwohnerschaft Mazzesinsel genannt wurde. Auch Hedwig war, wie Kafka schreibt, mit Leib und Seele Sozialdemokratin. Kafka lernte sie 1907 in Triesch kennen, wo sie bei Verwandten in Ferien war, und er bei seinem Onkel, dem „Landarzt“ Siegfried Löwy, den Urlaub vor Antritt seiner ersten Stelle bei Assicurazioni Generali verbrachte. Ihre Beziehung, die von Kafkas Seite in leicht unernstem Ton gehalten war, wurde von Unbekümmertheit vor dem Hintergrund einer Kleinstadt und der umliegenden Natur begleitet, verbunden mit sommerlichen Vergnügungen. Hedwigs Bemühungen, weiteren Kontakt zu halten, scheiterten an Kafkas Existenzsorgen. Hedwig ging nicht nach Prag, um ihre Studien fortzusetzen, Kafka fuhr auch nicht nach Wien, um die Exportakademie zu besuchen, wie sie sich das ausgemalt hatten. Von ihrer frohgestimmten sommerlichen Annäherung blieben nur ein gutes Dutzend Kafkabriefe; im letzten vom Frühjahr 1909 wurde das einstige Du durch ein Sie ersetzt – wie später in der Korrespondenz mit Milena Jesenská. Hedwig hat 1909 ihr Abitur in Brünn gemacht, anschließend in Wien romanische und germanische Philologie studiert, um dann 1914 mit einer Dissertation über das unvollendete Drama Franz Grillparzers zu promovieren. Im Jahr 1917 hat sie den Ingenieur Leopold Herzka geheiratet, einen Landsmann aus dem mährischen Rožnov. In späteren Jahren war sie als sozialistisch orientierte Zionistin politisch aktiv.